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Training optimieren mit HRV und Orthostatic-Test

Sportliches Training ist eine Investition, die sich lohnen soll. Jeder will doch eine positive Wirkung erreichen und keine Mühe vergeuden – was aber passieren kann. Darum muss das Training richtig gesteuert werden. Die Kombination von regelmäßigen HRV-Messungen und orthostatischen Tests helfen dabei, die Belastung richtig zu dosieren.

Viel Training bringt nicht immer viel Leistung. Was im Leistungssport gilt, sollte vor allem von ehrgeizigen Freizeitsportlern beachtet werden. Ausdauertraining sollte intelligent angegangen werden, weil sonst die Gefahr besteht, dass trotz des vielen Trainings die Leistung nicht besser, sondern schlechter wird.

Immer mehr und bei jeder Gelegenheit zu trainieren, kann zu einem sogenannten Übertraining führen. Wird zu schnell nacheinander Leistung gefordert, kommt es zu einer Überforderung der Regenerationskräfte. Wer sein Training übertreibt, erreicht also das genaue Gegenteil: Die Leistungsfähigkeit nimmt nicht zu, sondern ab, weil der Bogen von gesunder Ermüdung bis hin zur Überlastung überspannt wird.

Die hohe Kunst der Trainingsplanung ist es, den Trainingseffekt und die Leistungsentwicklung richtig einzuschätzen und dann das richtige Maß für das weitere Training zu finden.

Bei diesem Beitrag über die Optimierung des Leistungsaufbaus in Ausdauersportarten unterstützte mich Professor Dr. Kuno Hottenrott vom Institut für Sportwissenschaft an der Universität in Halle an der Saale. In Deutschland zählt er zu den bekanntesten Experten, wenn es um Herzratenvariabilität (HRV) und Sport geht. Viele Erkenntnisse zur HRV sind seinen Forschungsarbeiten zu verdanken.

Overtraining oder Overreaching – die Trainingswirkung auf Parasympathikus und Sympathikus

Obwohl man beim sportlichen Leistungsvermögen vorrangig an Muskeln und das Herz-Kreislauf-System denkt, will ich auf die Wirkung eines sportlichen Trainings auf das vegetative Nervensystem eingehen. Wie reagieren Parasympathikus und Sympathikus auf die körperliche Belastung?

Professor Hottenrott erklärt die Zusammenhänge aus Sicht der Sportwissenschaft: “Aus der HRV-Trainingsforschung wissen wir, dass die Aktivität des Parasympathikus nach einem mehrwöchigen moderaten Ausdauertraining steigt. Interessanterweise kann das auch noch der Fall sein, wenn der optimale Trainingseffekt bereits überschritten ist und die körperliche Leistungsfähigkeit wegen Überlastung schon abnimmt. Das Besondere liegt darin, dass sich als Trainingswirkung das positiv nutzbare Functional Overreaching (FOR) als auch das eher riskante Non Functional Overreaching (NFOR) oder sogar das schädliche Übertraining ergeben kann. Functional Overreaching ist ein Trainingszustand, der kurzfristig zu einer Leistungsminderung, aber nach einer Erholungsphase (eine Woche) zur Leistungssteigerung führt. Ob sich Übertraining oder FOR ergibt, ist abhängig davon, ob rechtzeitig angemessene Erholungsphasen eingeplant werden. Sich für die richtige Veränderung des Trainings zu entscheiden, ist schwierig, weil der Übergang vom FOR bis zum Übertraining fließend ist. Bei Leistungssportlern lassen sich FOR, NFOR und Übertraining wegen der hohen Aktivität des Parasympathikus nur schwer voneinander abgrenzen. Zur besseren Unterscheidung kann der modifizierte Orthostatic-Test mit HRV-Messung genutzt werden.”

Der Orthostatic-Test

Um den Ermüdungs- und Regenerationsstand für das weitere Training sicher bewerten zu können, reicht es nicht, nur alleine nach der HRV zu schauen. “Ein Test ist erforderlich, der Herzfrequenz und HRV-Parameter sensibel erfasst”, erklärt Professor Hottenrott. Nach derzeitigem Erkenntnisstand scheint dies mit dem von ihm veränderten orthostatischen Test beziehungsweise mit den Lagewechsel-Test möglich zu sein.

Beim Orthostatic-Test können sind zwei Anwendungsbereiche zu unterscheiden:

Die Durchführung des Orthostatic-Tests ist denkbar einfach: Etwa drei bis fünf Minuten wird im Liegen gemessen und dann die gleiche Zeit noch einmal im Stehen. Aussagekräftig werden die Test-Ergebnisse erst, wenn er mehre Tage hintereinander unter immer gleichen Bedingungen durchgeführt wurde. “Am besten ist es, wenn man den Test morgens vor dem Frühstück durchführt und immer für ähnliche Voraussetzungen sorgt”, empfiehlt Professor Hottenrott. “Nach etwa sieben Tagen lässt sich der individuelle Durchschnittswert, die sogenannte Baseline, ermitteln, worauf man dann seinen Trainingsplan aufbauen kann.”

Der Orthostatic-Test lässt sich prinzipiell mit allen HRV-Profi-Geräten (beispielsweise dem Liegen/Stehen-Test beim BioSign HRV-Scanner oder dem Produkt VNS Analyse Orthostase) und mit hochwertigen Pulsuhren durchführen. Laut Professor Hottenrott ist der Orthostatic-Test mit Auswertungsfunktion bisher nur in wenigen Systemen anwenderfreundlich integriert, wie z. B. im Messgerät V800 von Polar (Support-Seite) . Die Erfordernisse für die Testdurchführung sind: Bewegungsfreiheit für den Wechsel vom Liegen zum Stehen und die Darstellung des HRV- und Herzfrequenzverlauf für die Bewertung.

RMSSD und Herzfrequenz als Trainings-Coach

Der RMSSD-Wert ist am aussagekräftigsten, wenn es um den Erholungszustand des Körpers geht. Mit ihm lässt sich zeigen, welche Auswirkungen ein Training auf den Parasympathikus hat. Sein Verlauf in einem Orthostatic-Test ermöglicht zusammen mit der Veränderung der Herzfrequenz eine sichere Bewertung des aktuellen Ermüdungs- und Regenerationszustand.

Was sich aus den Veränderungen von Herzfrequenz und RMSSD-Wert herauslesen lässt, hat Professor Hottenrott durch mehrjährige Forschungen entwickelt und in einer Abbildung VI-3 auf Seite 418 aus dem Handbuch Trainingswissenschaft – Trainingslehre zusammengefasst:

Unser Fazit

Wer genau das richtige Maß für sein Training finden möchte, für den lohnt sich die tägliche Messung der Herzfrequenz und des RMSSD-Wertes mit dem Orthostatic-Test. Das Risiko, den Körper mit sportlichen Aktivitäten zu überfordern, lässt sich dadurch reduzieren. Bei dem einfach durchzuführenden Test fließen nicht nur die Wirkungen des Trainings ein, sondern die Summe aller Reize, die auf dem Körper wirken, wie Schlafmangel, Stress oder Krankheiten (Infekte). Damit ist ein Fein-Tuning des Trainings möglich.

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